2 OX

Überleben!

OX assimilierte die Direktive, sich nichts anderen bewußt, als der Notwendigkeit. Wie, warum, Art und Weise waren nicht vorhanden; es gab keine rationelle Grundlage. Nur den Imperativ. Er war seinem Wesen inhärent, machte ihn zu dem, was er war. Er war, was er war: die Notwendigkeit, zu überleben.

Er wandte seine Aufmerksamkeit dem Externen zu.

Desorientierung. Qual. Nichtüberleben.

OX zog sich zusammen, halbierte sein Volumen. Was war geschehen?

Das Überleben diktierte ihm, daß er trotz des Schmerzes des Externen zu erkunden hatte. OX wurde sich klar darüber, daß QUAL zwar in Beziehung zu NICHTÜBERLEBEN stand, gewisse Formen der Qual jedoch notwendig sein mochten, um zu überleben. Urteilsvermögen wurde gebraucht. Er modifizierte sein Leistungsvermögen, um es diesem Konzept anzupassen, und wurde dadurch intelligenter.

Experiment und Intelligenz schufen eine Arbeitsgrundlage: Er hatte sich zu überstürzt ausgedehnt und dadurch sein Basisgefüge aus dem Gleichgewicht gebracht.

Die Lehre: Ausdehnung verlangte ein organisiertes Gefüge. Vier Dimensionen wurden viel komplexer als drei und machten eine andere Art von Gefüge erforderlich.

OX streckte eine flüchtige Feedbackform aus, um die Grenzen seiner Lokalität zu erkunden. Sie war nicht groß. Er hatte Raum genug, um sich zu bewegen, aber er mußte sich etwas beschränken. Unbequemlichkeit. Leichte Qual, aber wachsend. OX schwebte an Ort und Stelle, aber die Unbequemlichkeit steigerte sich. Er bewegte sich, und sie legte sich. Warum?

Die Basis, auf der er ruhte, das Netzwerk von Punkten, verging. Er war seine Umwelt; er okkupierte viele kleine Elemente, entzog ihnen Energie und machte ein intelligentes Muster aus ihnen. Diese Energie war begrenzt. Er mußte sich weiterbewegen und ihr gestatten, sich periodisch zu regenerieren. Lediglich an einer Stelle zu bleiben, würde diese Gruppe von Elementen erschöpfen: Nichtüberleben.

Je stärker sich OX ausdehnte, desto mehr Punkte umfaßte er und desto mehr Energie verzehrte er. Indem er sich innerhalb eines optimalen Volumens zusammenzog, konservierte er Überlebensresourcen. Aber er durfte auch nicht zu klein werden, denn das schränkte seine Fähigkeiten ein und führte zu Funktionsuntüchtigkeit.

OX stabilisierte sich. Aber seine minimale Funktionsgröße war immer noch zu groß für das Gelände, um endlos aufrechterhalten zu werden. Er konnte bei maximaler Größe kurz, bei minimaler Größe länger existieren - aber das Ende war Nichtüberleben, so oder so.

Überleben! Er mußte weitersuchen.

Er suchte. Nichterfolg verschwendete Ressourcen und führte zu Unbequemlichkeit. Und selbst in seiner Pein gab es eine spezielle Irritation. Gewisse Schaltungen funktionierten nicht richtig. Er prüfte.

Alles war in Ordnung.

Er wandte sich wieder dem größeren Problem des Überlebens zu - und die Störung begann beharrlich aufs neue.

OX konzentrierte sich auf das Ärgernis. Noch immer gab es keine wahrnehmbare Funktionsuntüchtigkeit. Sie manifestierte sich nicht, wenn er nach ihr suchte, nur wenn er anderweitig beschäftigt war.

Er baute einen Nachforschschalter auf, ausgerichtet auf die störende Sektion. Er hatte nicht gewußt, wie er das tun mußte, bevor sich die Notwendigkeit dazu gab, aber so war es mit dem Überleben: das Nötige dann, wenn es nötig wurde. OX kehrte zu seiner größeren Aufgabe zurück - und die Irritation manifestierte sich. Diesmal war der Nachforscher zur Stelle. Er konzentrierte sich, sprungbereit sozusagen, auf das, was er gefangen hatte.

Nichts.

Paradox. Der Nachforscher richtete sich auf jede Funktionsstörung aus. Er war ein modifiziertes Feedback, einfach und sicher. Und doch gab es eine Funktionsstörung - der Nachforscher hatte versagt.

OX litt an Desorientierung. Paradox war Nichtüberleben. Es war außerdem ärgerlich wie die Hölle.

Er disziplinierte sich selbst, simplifizierte seine Schaltungen. Kein Paradox. Wenn der Nachforscher es nicht eingefangen hätte, gäbe es keine Funktionsstörung.

Aber da war etwas. Was?

OX konzentrierte sich. Er verbesserte sein Wahrnehmungsvermögen. Nach und nach kam er darunter. Es war nicht seine Funktionsstörung, sondern eine Störung, die von einer externen Quelle ausging. Deshalb hatte der Nachforscher nichts vorweisen können.

Irgend etwas verdunkelte einige seiner Elemente. Es löschte sie nicht aus, dämpfte sie aber so, daß er sich des Energieverlustes bewußt war, peripher. Wenn er Untersuchungen anstellte, schob er diese speziellen Elemente weg, und der Effekt legte sich. Er konnte es nur durch diese Dämpfung wahrnehmen, während seine Schaltungen in Funktion waren. Geisterhaft vermied es seine unmittelbare Aufmerksamkeit, denn es war ein Effekt, kein Ding.

Handelte es sich um eine Schwäche der Elemente selbst? Wenn dem so wäre, würde sein Überleben noch begrenzter sein als ursprünglich vorhergesehen - und er befand sich bereits in einer Situation des Nichtüberlebens.

OX warf ein Netz von Nachforschern aus, um die exakte Konfiguration der Dämpfung zu bestimmen. Bald hatte er sie: Es gab in Wirklichkeit drei Zentren, die dicht beieinander lagen. Eine stabile, beständige Schadstelle. Keine unmittelbare Bedrohung des Überlebens.

Dann bewegte sich einer der Schadstellenflecken.

OX fibrillierte. Qual! Wie konnte sich eine Schadstelle bewegen und Form annehmen? Stabile oder wiederkehrende Form, die sich bewegte, war ein Attribut von Intelligenz, von Mustern. Schadstellen waren das Fehlen von Mustern.

Modifikation.

Vielleicht konnte eine Schadstelle leicht ins Gleiten kommen, in Bewegung gesetzt durch irgendeinen un- bekannten Zwang. Nicht intelligent. Alle Schadstellenflecken würden denselben Effekt durchmachen.

Ein weiterer Flecken bewegte sich - in entgegengesetzter Richtung. Dann bewegten sich beide gemeinsam

-und auseinander.

Desorientierung.